Linienzucht, Inzucht, Outcross (Zuchttechniken)

Züchten ist die Auswahl von Paarungspartnern im Hinblick auf ein bestimmtes Zuchtziel. Das Ziel jeder Zucht muss es sein, rassetypische Merkmale zu festigen. Was für Rom gilt, trifft natürlich auch für die Erreichung von Zuchtzielen zu: viele Wege führen dort hin. Einer dieser Wege ist die so genannte Fremdzucht innerhalb einer Rasse, ein anderer die Inzucht mit ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen.

Ziel dieses Berichtes ist es, die Grundbegriffe der Zuchtmethoden und die Möglichkeiten und Grenzen sowie Vor- und Nachteile der Zuchttechniken zu erklären.

Unterschiede zwischen den Zuchttechniken bestehen nur im Verwandtschaftsverhältnis der zur Zucht verwendeten Hunde und es gibt folgende Zuchttechniken: Inzestzucht, Inzucht (Linienzucht), Outcross, Merkmalszucht.

Inzestzucht
Eine Verpaarung zwischen Verwandten 1.Grades, zwischen Eltern und deren Kindern oder zwischen Vollgeschwister. In vielen Ländern ist diese Zuchttechnik von den Landesverbänden nicht erlaubt.

Bei der Ahnenforschung meiner Zuchthunde habe ich einige Inzestzuchtverpaarungen gefunden und sie fanden vorallem in den 30ten und 40ten Jahren statt und vereinzelt noch in den 50ten Jahren.
Hier nur ein Beispiel: aus der Verpaarung FTCh Rockstead Footpad x Sally O Fon wurden 2 Vollgeschwister verpaart: Jestaphome x Jennaphome. Ein Nachkomme aus dieser Verpaarung die Hündin Jaala war die Mutter des bekannten DualCh Rockstead Footspark.

DualCh Rockstead Footspark *1945 Ludford Razor Pettistree Dan DualCh Banchory Painter
Quest of Wilbury
Pettistree Polly Tug of Teign
Northdyke Kirstie
Jaala Jestaphome FTCh Rockstead Footpad
Sally O Fon
Jennaphome FTCh Rockstead Footpad
Sally O Fon
Die Hündin Jaala stammt aus einer Inzestzuchtverpaarung.

Merkmalszucht
Merkmalszucht wird auch Fremdzucht oder Mischlingszucht genannt und sie ist eine Verpaarung von nicht miteinander verwandten Hunden gleicher Rasse. Diese Zuchttechnik stellt eine Selektion nach bestimmten Merkmalen dar, wie zum Beispiel perfekte Winkelungen, typvollen Kopf oder bei den Leistungslinien die erbrachten Leistungen.

Der Grundgedanke der Merkmalszucht ist eine Zucht mit gleichen Zuchtpartnern im Phänotyp und eine Annahme von Wahrscheinlichkeit, die erst durch Nachkommen bewiesen werden müssen.
Es werden Hunde verpaart, die ein gleiches Merkmal zeigen, deren Genausstattung aber ungleich ist, dann ist es unwahrscheinlich, dass sich dieses Merkmal verstärkt weiter vererbt.
Merkmalszucht erhält die Mischerbigkeit in einer Rasse, bringt aber nur geringe Zuchtfortschritte und der Züchter wird sehr lange brauchen, wenn es ihm überhaupt gelingt, bis er seine Vorstellungen von Rassetyp und Wesen in seinen Hunden festigen kann.

Merkmalszucht folgt der einfachen Regel: Gleiches x Gleiches ergibt Gleiches und bei dieser Zuchtmethode können die Nachkommen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ihren Eltern ähnlich sehen, im Allgemein werden diese Hunde ihre Eigenschaften an ihre Nachkommen nicht so sicher weitergeben können, da keine Erbüberlegenheit besteht.

Eine andere Form der Merkmalszucht ist die so genannte Ausgleichszucht. Der Züchter verwendet für seine Hündin mit Negativ-Merkmalen einen Rüden, der in diesen Merkmalen positiv ist und erhofft sich bei den Nachkommen eine Verbesserung der Negativ-Merkmale der Hündin, möglichst unter Bewahrung der mütterlichen Positiv-Merkmale.


Inzucht
Nach Malcolm B. Willis Inzucht ist die gezielte Verpaarung von Hunden, die näher miteinander verwandt sind als der Durchschnitt der Rasse, aus der sie stammen.
Der Begriff Inzucht muss relativ gesehen werden und bezieht sich auf die ganze Population, die untersucht wird. Je kleiner eine Population, desto grösser ist in aller Regel der Inzuchtwert. Der Inzuchtwert lässt sich in Form des Inzuchtkoeffizienten definieren, der in einem Prozentsatz ausgedrückt wird.

Inzucht vermehrt die Wahrscheinlichkeit, dass ein vom Vatertier übertragenes Gen mit dem der Mutter übereinstimmt. Beide Gene gehen dann auf einen gemeinsamen Ahnen oder mehrere gemeinsame Ahnen zurück, auf die der Hund ingezüchtet ist. Inzucht steigert die Homozygotie (Reinerbigkeit) und diese Steigerung ist es, woran manche Züchter interessiert sind.

Durch diese Zuchtmethode wird die Vielfalt dessen, was der ingezüchtete Hund vererben kann, eingeschränkt - im Positiven wie im Negativen. Erst durch die Zunahme von reinerbigen Merkmalen und dadurch bedingter Verminderung von mischerbigen Merkmalen entstehen einheitlichere Typen. Bei hohem Inzuchtgrad ist mit einer Inzuchtdepression zu Rechnen. Diese zeigt sich zum Beispiel in geringer Vitalität und Fruchtbarkeit einer Population, aber auch in Erbkrankheiten.

Wenn ein Hund ingezüchtet ist, vererbt es voraussichtlich seine Eigenschaften stärker als ein genauso guter und schöner Hund, der aus einer nach Merkmalen oder anderen Beweggründen geplanten Paarung stammt. Es erklärt, warum Mischlinge in einer Rasse mit möglichst bunter Ahnentafel nicht unbedingt die stärksten Vererber sind, auch wenn sie äusserlich fehlerfrei und typvoll sind. Nachweislich übertragen liniengezüchtete Hunde ihren Typ verstärkt auf ihre Nachkommen, sie "prägen stärker".

Inzucht führt dazu, dass immer mehr Eigenschaften reinerbig werden, also in beiden Chromosomensätzen gleich vorhanden sind. Mit jeder Inzucht-Generation nimmt die Mischerbigkeit ab und die Zuchtergebnisse werden immer vorhersehbarer. Das was die Elterntiere an Eigenschaften zeigen, ist bei der Inzucht im höheren Masse auch das was sie vererben. Durch die Reinerbigkeit bringen sie im Endeffekt weniger Überraschungen. Der Züchter sollte genaue Kenntnis der Eigenschaften der Zuchttiere haben, auf denen er seine Linie aufbauen möchte.

Das Ziel der Inzucht ist die Qualitäten bestimmte Hunde genetisch so zu festigen, dass sie sicher an ihre Nachkommen weitervererbt werden.


Linienzucht
Während in den Köpfen vieler Menschen Linienzucht meistens und gerade noch akzeptabel ist, ist dagegen der Begriff Inzucht gefühlsmässig oft negativ besetzt und wird häufig mit der Inzestzucht gleichgesetzt. Das hat keine sachliche Grundlage, da in der Definition tatsächlich kein Unterschied zwischen den beiden Begriffen - Inzucht und Linienzucht - gemacht wird.

So wie die Inzucht, auch die Linienzucht wird folgend definiert: eine Verpaarung von Tieren, die näher miteinander verwandt sind als der Durchschnitt der Rasse.

Hier paar Zitate zum Thema Linienzucht aus verschiedenen Bücher, die ich über die Hundezucht besitze:
  • Linienzucht ist eine Form der massvollen und sinnvollen Inzucht, bei der die Zuchtpartner verwandt, aber nicht so eng verwandt sind wie bei der Inzestzucht
  • Linienzucht ist eine abgeschwächte Verwandtschaftszucht, bei der die Zuchttiere innerhalb der engeren oder weiteren Verwandtschaft sorgfältig nach ihren Körper- und Wesensmerkmalen ausgewählt wurden
  • Zwischen Inzucht und Linienzucht gibt es allenfalls einen graduellen, allerdings nicht näher definierten Unterschied. Danach stellt die Linienzucht eine höhergradige Form Inzucht dar und dies lässt sich mit der Errechnung des Inzuchtkoeffizienten definieren

Diese 3 Sätze muss man bitte sorgfältig lesen, und falls man auch den Absatz über die Inzucht aufmerksam gelesen hat, wird man feststellen: Linienzucht bedeutet Inzucht, lediglich der Inzuchtkoeffizienten (IK)* und der Ahnenverlustkoeffizient (AVK)* sagt uns, wie eng die Hunde gezüchtet sind. Aber Inzucht ist keine Inzestzucht!


Outcross
Outcross wird auch Auskreuzung genannt und diese Zuchtmethode darf nicht mit der einfachen Paarung kaum verwandter Tiere (Merkmalszucht) verwechselt werden.

Outcross ist ein wichtiges Instrument der Linienzucht. Es ist eine gute Methode, mit einzelnen Linien gezielte Auskreuzungen machen zu können. Outcross findet nur statt zwischen einer liniengezüchteten Hündin und einem genetisch fremden selbst aber liniengezüchteten Rüden. Daraus kann man einen neuen Impuls für die eigene Zucht gewinnen.

Die Auskreuzungspaarungen bringen oft sehr schöne und besonders typische und gesunde Nachkommen (Heterosiseffekt). Diese Nachkommen sind voraussichtlich keine besonders starken Vererber, da sie einen sehr hohen, weit über dem Rassedurchschnitt liegenden Anteil an heterozygoten Genen besitzen, sie können doch zur Auffrischung der beiden Elterntiere, also zur Rückkreuzung in eine der beiden Ursprungslinien zurück, sehr gut geeignet sein.

Die Ausgangslinien müssen grundsätzlich möglichst getrennt weitergeführt werden. Schon bei der Paarung zweier ausgekreuzter Hunde mit verschiedenen Elternlinien untereinander, verliert sich dieser Effekt nahezu komplett.


*Inzuchtkoeffizient, *Ahnenverlustkoeffizient
Inzuchtkoeffizient (IK) gibt an, um wie viel Prozent die Mischerbigkeit (Heterozygotie) abgenommen hat und die Reinerbigkeit (Homozygotie) eines Hundes gegenüber dem Rassedurchschnitt zugenommen hat. Der Inzuchtkoeffizient wird berechnet für Vorfahren, die väterlicherseits und mütterlicherseits in der Ahnentafel mindestens je einmal vorkommen. Wenn ein Hund nur bei einem der Eltern mehrmals vorkommt, besteht keine Inzucht, lediglich nur ein Elterntier wurde ingezüchtet.

Ahnenverlustkoeffizient (AVK) bezeichnet die Verringerung der tatsächlichen Anzahl der Ahnen. Eine Ahnentafel über 5 Generationen weist 62 mögliche (verschiedene) Ahnen aus. Wenn nur einer dieser 62 möglichen Ahnen zweifach auftaucht, hat der Hund tatsächlich nur 61 verschiedene Ahnen. Taucht ein Vorfahr dreimal auf, dann hat der Hund nur 60 verschiedene Vorfahren. Sind es hingegen drei Ahnen, die zweifach auftreten, so hat der Hund 59 verschiedene Ahnen.

Im Gegensatz zum Inzuchtkoeffizienten berücksichtigt der Ahnenverlustkoeffizient nicht, wie eng Vater- und Muttertier miteinander verwandt sind. Bei ingezüchteten, aber nicht eng miteinander verwandten Elterntieren kann dies dazu führen, dass der Nachwuchs einen hohen Ahnenverlust-, aber gleichzeitig einen niedrigen Inzuchtkoeffizienten aufweist.

IK und AVK liefern 2 verschiedene Informationen und der eine Koeffizient ist nicht durch den anderen zu ersetzen. Liegt der AVK bei 100%, dann taucht in der Generation kein Ahne mehrfach auf. Ein IK von 0% bedeutet, dass die Elterntiere keine gemeinsamen Ahnen in der Generation haben. Der IK- und AVK Wert ändert sich nach Anzahl der Generationen, die in die Berechnung miteingezogen werden.

Hier ein Beispiel meines C-Wurfes aus Chief Lightning Bolt und Haredale Questing Quip:
G: Generation
F: Inbreeding Coefficient (IK)
Rate: Rate of Inbreeding (AVK)
LOH: Loss of Heterozygosity

Wer sich für die Angaben interessiert, ich habe bei jedem Wurf bei der Ahnentafel den IK- und AVK Wert des Wurfes eingefügt.

Wenn man eine Ahnentafel studiert, verdoppeln sich die Ahnen mit jeder Generation. Es gibt 2 Eltern, 4 Grosseltern, 8 Urgrosseltern, 16 Ahnen der vierten Generation, 32 der fünften, 64 der sechsten und 125 der siebten. Da ein Hund nur 78 Chromosomen aufweist, gibt es in der 7.Generation mehr Ahnen als ein Hund Chromosomen besitzt.

Die auf der Ahnentafel aufgezeigten Ahnen haben auf den Zuchthund einigen Einfluss, je näher die Ahnen stehen, umso stärker die Beeinflussung. Die Ahnentafel ist keinesfalls zu unterschätzen! Die Information der Ahnentafel ist jedoch nicht wichtiger als die Information, die man über den Hund selbst gewinnt!

Der Artikel wurde von Tanja Grygar erfasst, Januar 2015

Genetik der Hundezucht (Malcolm B. Willis)
Hundezucht 2000 (Hellmuth Wachtel)
Vererbung beim Hund (Inge Hansen)
Zum Thema:
Lush on linebreeding

Diese Website benutzt Cookies. Wenn es für dich OK ist, setze das Navigieren fort.
Für weitere Informationen: Impressum